Die Sonne brannte mir fast, durch die Optik meiner Flaschenböden, ein Brandmahl auf die Iris. Ja, Vater Helios mit seinem brennenden Wagen hat sich hier in Norditalien noch einmal zeigen wollen, bevor er das Land in die eisige Dunkelheit legen wird. Wohlige Sonnenstrahlen kitzelten mein Nackenhaar in der kalten Maschinenhalle. Diese Halle, welche im Moment eher eine grössere Baustelle, jedoch noch ohne Heizung, Isolation, Fenster und Wände ist. Eine mehr bessere Höhle. (Nur soll das Feuermachen und jagen verboten sein...)
In den letzten Morgen war das Aufstehen besonders schlimm, zumal im Hinterkopf das schwarze Post-It, alias die eisige Halle, prangte. Doch heute war sie nicht eisig, nur etwas frostig und später ganze 15 Grad warm. Eine richtige Wohltat für das Rheuma und den eingefangenen Hexenschuss.
Langsam aber sicher muss ich mir überlegen, ob ich doch auf eines dieser zwielichtigen Dorfbote- Inserate eingehen und an einer dort ausgeschriebenen Kaffeefahrt teilnehmen soll. So werden doch am Schluss den Reisenden gerüchtemässig Othopädischestrumpfhosen und eben diese sagenumwobenen Rheumadecken angedreht. Vielleicht würden mir diese Dinger etwas gegen die Frostgebrechen helfen. Beide: Decken und Strumpfhosen.
Fertig gejammert, nun wird gelobt: Die Italiener sind wahre Meisterköche. Belle- Bocuse der hinterländlichen Provinz der Poebene und vegetativen Alpenlandschaft. Ein wahrer Genuss der Sinne, Balsam für die Seele und übelstes Gift für meinen Bodymassindex (für Kenner: BMI) Und da purzeln sie, die Pünktchen! Eine kleines Geheimnis: Sie rollen schlimmer als damals in Amerika.
Die tolle Polenta (stundenlang von der übergewichtigen Nonna über dem Kaminfeuer gebraut) mit einem feinen Kaninchenragout oder die hauchdünnen Pizzas in allen Variationen (liebe Kinder: Ja, sogar mit Pommes gibt’s Pizzas) sind wahre Geschenke für einen Tag, der eigentlich kein Geburtstag ist. Am liebsten habe ich aber die hausgemachten Teigwaren an einer dezenten Safransauce mit frischen Steinpilzen. Eine himmlische Sonate für den geölten Gaumen.
Am Abend bemühe ich mich jeweils etwas im Harry Potter Nummer Sieben weiter zu kommen. Langsam neigen sich auch dort die Seiten zusammen mit der Geschichte einem Ende zu. Schlafen kann ich in dem granitharten Bett dank dem Rotwein etwas besser. Leider bleibt das Hotel sehr ringhörig und meine momentaner Zimmernachbar ein „Frühstücksfernseh- Gucker“. Frühstücksfernsehen gibt’s bereits ab 5.30Uhr durch die Papiermaché- Wand zu hören. Ich sollte es eigentlich langsam wissen: Reisen im In- und Ausland nur noch mit einer Handvoll Oropax.